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Aus der ursprünglichen Absicht, "Die IQ-Falle" für eine 2. Auflage zu überarbeiten, entstand ein neues Buch: Die Intelligenz und ihre Feinde: Aufstieg und Niedergang der Industriegesellschaft. Graz 2012, 544 Seiten

Der folgende Text aus: Weiss, Volkmar: Die IQ-Falle: Intelligenz, Sozialstruktur und Politik. Graz: Leopold Stocker 2000, S. 40ff.

Die menschliche Gesellschaft hatte stets einen bestimmten Grad von intellektueller Differenzierung. Die besten Jäger unter den Pygmäen im Kongo haben, wenn man sie mit modernen Intelligenztests mißt, einen Wert über dem Mittelwert ihres jeweiligen Stammes, und einen solchen erhöhten Wert hatten zweifellos auch die leitenden Verwaltungsfachleute im alten Rom. Die Mandarine, die China Jahrhunderte lang verwalteten, wurden in Prüfungen ausgewählt, bei denen das Verständnis der klassischen Texte von Konfuzius gefragt war, und waren auf diese Weise nach Intelligenz gesiebt worden. Auch die Priester des mittelalterlichen Europa dürften etwas intelligenter gewesen sein als der Durchschnitt. Sie hatten aber in der Regel keine Kinder. Die Pfarrer der reformierten Kirchen hingegen hatten oft kopfstarke Familien, und ihre Nachkommen lieferten einen wesentlichen genetischen Beitrag für das Besitz- und Bildungsbürgertum (Gebhardt 1998), das sich nun zu einem beträchtlichen Teil in die Intellektuelle Elite umwandelt bzw. in ihr aufgeht.

Die Menschen, die in feudalen Gesellschaften an die Spitze gelangten, waren, allein schon durch das aus der Geburtenfolge entspringende Recht, nicht immer die Klügsten. Weil die Eltern nicht den Klügsten ihrer Nachkommen auswählen konnten, damit er das Land und die Rechtstitel erbte, wurden die Aristokratien das Opfer des „Rückschlags zur Mitte“: In ihrer Summe haben Kinder von Vätern mit einem überdurchschnittlichen IQ die Tendenz, einen durchschnittlich niedrigeren mittleren IQ als ihre Väter zu haben und ihre Enkel einen noch niedrigeren. Im Laufe von wenigen Generationen fiel so die durchschnittliche Intelligenz einer fähigen adligen Familie in Richtung auf den Durchschnitt der Bevölkerung hin, ein Vorgang, der noch durch Heiraten beschleunigt wurde, bei denen die formale Standesgemäßheit der Braut, ihr Aussehen und ihr Vermögen eine weit größere Rolle spielte als etwa ihre Intelligenz.

Auch in bäuerlichen Familien gab es ungeschriebene, aber strenge Regeln wer wen heiraten konnte. Eine besonders sorgfältige Untersuchung ist die von  Hanke (1969), der sich mit der Sozialstruktur der ländlichen Siedlungen Altbayerns befaßte, nachdem er die Bewohner familienweise zusammengestellt hatte und nun jedes Ehepaar in Beziehung setzt zur sozialen Stellung der Eltern von Ehemann und Ehefrau und wiederum auch zur sozialen Stellung ihrer eigenen Kinder.

Zu den Pionierarbeiten der empirischen Sozialforschung in Deutschland zählt zweifellos auch die Monographie von Maria Bidlingmaier (1918), die ihren Heimatort, das Landstädtchen Lauffen, untersuchte und das Dorf Kleinaspach. „Von mir wurde dies Material (gemeint sind die württembergischen Familienregister) noch dahin vervollständigt, dass ich in persönlichen Nachfragen Aufenthalt und Stand jedes der erwachsenen bäuerlichen Kinder erkundete und zusammentrug, um so einen Überblick über die soziale Lage derselben und über die Grösse ihrer Abwanderung zu erlangen.“ Die Arbeit ist außerordentlich reichhaltig und verbindet statistische Ergebnisse mit einer anschaulichen Schilderung der bedeutsamen Gegebenheiten. „Wo die ‘Liebesverhältnisse’ ernste Heiratsabsichten in sich tragen, spielt oft die Berechnung eine Rolle. Es gilt, eine ‘Partie“ zu machen, d.h. es gilt, so ein Mädchen zu finden, das mit seinem Vermögen dem Burschen gleichkommt und umgekehrt. Wo die Liebe diese Linie nicht einhält, wird sie von den Alten heftig bekämpft. Auch langjährige Verhältnisse müssen nicht unbedingt zur Heirat führen. Es kann geschehen, dass das Mädchen ihren langjährigen Bewerber um eines Reichen willen fahren lässt, der aus der weiteren Umgebung auftaucht. ... Es gibt eine stille Heiratspolitik, die alle bäuerlichen Familien nach dem Besitzstand ordnet“.

In feudalen Gesellschaften war so sozialer Auf- und Abstieg nicht so gänzlich unmöglich, wie man sich das oft vorstellt. Es gab für die Fähigen durchaus einige Wege und Möglichkeiten, in Richtung Spitze aufzusteigen. War diese erreicht, dann waren die klugen Köpfe der Emporkömmlinge und ihr Geld bei Eheschließungen der Gegenwert für Standestitel und Familienbeziehungen. England war dafür besonders berühmt, aber auch in Sachsen, Preußen, Österreich und anderswo gab es jedes Jahr Nobilitierungen von Aufsteigern aus dem Bürgertum. Das waren oft besonders fähige Industrie- und Handelsunternehmer, die aus dem Handwerksstand aufgestiegen waren. So wurden ständig neue Begabungen in den Adel aufgenommen, indem für die erfolgreichsten Nicht-Adligen neue Adelstitel geschaffen wurden. Andererseits gaben die traditionellen Betätigungen für die jüngeren Söhne der Adligen - Armee, Flotte, Kirche und die Staatsverwaltung den Fähigsten unter den weichenden Erben eine gute Chance, bis zur Spitze aufzusteigen, und sie konnten auf diese Weise beitragen, das System aufrechtzuerhalten. Tatsächlich war der Erfolg von einigen englischen Familien, ihre hervorragenden Leistungen über mehrere Generationen hinweg zu stabilisieren, einer der Faktoren, der Francis Galton dazu brachte, die Hypothese aufzustellen, daß Intelligenz erblich sei. Doch nur eine Minderheit der adligen Familien schaffte die Statuserhaltung.

„In weniger starr geschichteten Gesellschaften, ist die Schichtung nach Intelligenzunterschieden schwach ausgeprägt gewesen, weil bis zu Anfang dieses Jahrhunderts die Anzahl von sehr klugen Leuten viel größer war als die Zahl der spezialisierten Tätigkeiten, für die ein hoher IQ unabdingbar war. Eine echte Intellektuelle Elite setzt eine technisierte Gesellschaft voraus“, lautet die richtige Schlußfolgerung von Herrnstein and Murray (1994, S. 27).

Der IQ von führenden Köpfen der NSDAP, zitiert nach: Gilbert, G. M.: Nuremberg Diary. New York: Signet Book 1947, p. 34; Wechsler-Bellevue IQ: Hjalmar Schacht IQ 143, Arthur Seyss-Inquart IQ 141, Hermann Göring IQ 138, Karl Dönitz IQ 138, Franz von Papen IQ 134, Erich Räder IQ 134, Dr. Hans Frank IQ 130, Hans Fritsche IQ 130, Baldur von Schirach IQ 130, Joachim von Ribbentropp IQ 129, Wilhelm Keitel IQ 129, Albert Speer IQ 128, Alfred Jodl IQ 127, Alfred Rosenberg IQ 127, Constantin von Neurath IQ 125, Walter Funk IQ 124, Wilhelm Frick IQ 124, Rudolf Hess IQ 120, Fritz Sauckel IQ 118, Ernst Kaltenbrunner IQ 113, Julius Streicher IQ 106 - "confirming the fact that the most successful men in any sphere of human activity - whether it is politics, industry, militarism or crime - are apt to be above average intelligence."

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