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Tiefschwarze Brasilianer, die erfolgreich eine Universität abgeschlossen haben, sind fast so selten wie in Europa Zigeuner mit Hochschulbildung. In Brasilien hatten 1982 (Silva und Hasenbalg 1992, S. 83) 14% der Weißen im Alter bis 24 Jahren eine mit dem Abitur vergleichbare Schulbildung, aber nur 1,6% der gleichaltrigen Schwarzen und 2,8% der Braunen. Die Schwarzen bleiben sehr oft bereits in den niederen Schulklassen der allgemeinbildenden Schulen hängen oder sitzen bzw. besuchen die Schule unregelmäßig, so daß die übliche Mischung von sozialen Ursachen und möglicherweise geringerer durchschnittlicher Intelligenz zu vermuten wäre. Im Alter von 10 Jahren gibt es unter den Weißen 15% Sitzenbleiber, unter den Schwarzen 33%, unter den Braunen 35%. Diese Unterschiede wirken sich entsprechend im späteren Erwerbsleben aus: 15% der Weißen, 30% der Schwarzen und 36 % der Braunen (Stand 1988; Silva und Hasenbalg 1992, S. 122) haben ein Pro-Kopf-Familieneinkommen, das unter der offiziellen Armutsgrenze Brasiliens liegt, die mit einem Viertel des jährlichen Minimaleinkommens festgelegt ist. Das Dreifache dieses Einkommens haben immerhin 12,8% der Weißen, aber nur 2,5% der Schwarzen und 2,9% der Braunen. Diese Einkommensunterschiede dürften durch regionale Unterschiede noch verstärkt werden, denn 65% der Weißen leben in den am stärksten entwickelten Gebieten des Süden und Südosten Brasiliens. Durch diesen Sachverhalt erklärt sich vielleicht auch warum Braune und Schwarze nach den Daten von 1976 nur das halbe Einkommen haben, auch wenn sie den gleichen Bildungsgrad haben (Silva und Hasenbalg 1992; S. 23). Es gibt auch nur einige weitere Parallelen mit den Statistiken der USA: So sind Schwarze in Brasilien weniger häufig verheiratet als Weiße und haben eine größere Zahl unehelicher Kinder (Andrews 1991). In einer sehr großen und repräsentativen Elektrizitätsfirma in Sao Paulo sind 6,7% der Weißen in leitenden Stellungen, aber nur 0,8% der Schwarzen, einfache Arbeiter sind bei der ersten Einstellung am Arbeitsplatz  26,2% der Weißen und 52,5% der Schwarzen (Andrews 1991).

Nach seinem Selbstverständnis ist Brasilien eine „rassische Demokratie“, in der - im Unterschied zu den USA oder gar dem alten Südafrika -  Rassenunterschiede keine Rolle spielen und nicht wahrgenommen werden. Seit 1980 werden Rassenunterschiede bei Volkszählungen auch gar nicht mehr erfaßt. „In Brasilien gibt es keine Rassenvorurteile. ... Wenn Schwarze einige Schwierigkeiten haben, in diesem Land der rassischen Gleichheit voranzukommen, dann liegt das nicht an den Weißen, sondern an ihnen selber. Das war eine schmerzliche Schlußfolgerung, aber die Logik der rassischen Demokratie läßt keine Ausflüchte zu. Wenn man Brasilien als ein Land der Gleichheit akzeptiert, dann kann man das Versagen von schwarzen Brasilianern nur ihren eigenen Mängeln zuschreiben“, so gibt Andrews (1991, S. 135) die in Sao Paulo üblichen Ansichten wieder. Eine weiße Frau zu heiraten, ist für viele Schwarze ein Ideal, „denn schwarz ist das Symbol von Elend und Hunger“ (S. 178). Die vorhandenen Gegensätze faßte der Gründer der Schwarzen Front Brasiliens, A. Veiga dos Santos, in den Worten: „Der größte Feind der Schwarzen ist der Weiße, der ein Enkel von Schwarzen ist.“, zusammen (zitiert nach Andrews 1991, S. 178). Was die Weißen Brasiliens fürchten, ist die vor allem unter den Schwarzen ständig steigende Kriminalität.

Manchmal wird auch in einem Hinterzimmer die Furcht geäußert (so z.B. einer Denkschrift eines Regierungsberaters des Staates Sao Paulo im Jahre 1982; Andrews 1991, S. 228),  daß die „rassische Demokratie“ zusammenbrechen und die Nicht-Weißen sich als eine einheitliche politische Kraft begreifen und dank ihrer ab dem Jahre 2000 gegebenen zahlenmäßigen Überlegenheit die Macht übernehmen könnten. Die Gefahr erscheint aber gering, wenn auch in Krisenzeiten vorhanden. Denn Brasiliens Oberschicht hat bisher im großen und ganzen das zustande gebracht, wovon eine jede regierende Klasse - selbst in einem „kommunistischen“ Land - nur träumen kann oder konnte: Die vorhandenen sozialen Unterschiede sind gewaltig und werden durch rassische Unterschiede sogar noch verstärkt. Dennoch ist der weitaus größte Teil der Gesellschaft der Ansicht, daß diese Unterschiede keine große Bedeutung haben und „rassische Demokratie“ besteht.  (Die ironischerweise dann in Gefahr käme, wenn die Mehrheit ihres demokratischen Gewichts bewußt würde. Diese Gefahr hat man aber in einer eleganten Form von brasilianischer Politischer Korrektheit gemindert, indem man Rassenzugehörigkeit statistisch nicht mehr erfaßt.) Die Wirtschaft floriert und wächst (wenn nicht gerade wieder einmal eine Krise oder eine kleine Revolution ist). Den Herrschenden in Südafrika und manchem anderen Land kann man nur empfehlen, seht auf Brasilien!


"Die Bundesrepublik hat kein Ausländerproblem, sie hat ein Türkenproblem. Diese muslimische Diaspora ist im Prinzip nicht integrierbar. Man soll sich nicht freiwillig Sprengstoff ins Land holen." Hans-Ulrich Wehler im taz-Interview vom 10.9.2002.

"Die Zahl der Juden in Westeuropa ist gering, ... aber über unsere Ostgrenze dríngt Jahr für Jahr aus der unerschöpflichen polnischen Wiege eine Schar strebsamer hosenverkaufender Jünglinge herein, deren Kinder und Kindeskinder dereinst Deutschlands Börsen und Zeitungen beherrschen sollen; die Einwanderung wächst zusehends." Heinrich von Treitschke, 1879.

Diese und andere Vorahnungen bedeutender Historiker werden kritisch diskutiert in: Weiss, V.: Wann schlägt eine demographische Krise in eine nationale Existenzkrise um?. Schriftenreihe der Deutschen Studiengemeinschaft 3 (2003) 47-65

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