Vorgeschichte und Folgen des arischen Ahnenpasses: Zur Geschichte der Genealogie im 20. Jahrhundert. Arnshaugk 2013, 374 Seiten

Die folgenden Texte sind in diesem Buch in überarbeiteter und aktualisierter Form enthalten auf den Seiten 90 bis 127.

 

Genealogie 55. Jg. (2006)

Teil I: 1921 bis 1945, 1-14

Teil II: 1945 bis 1967, 170-186

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Der Verein "Deutsche Ahnengemeinschaft" 1921 bis 1967

Teil I:

1921 bis 1945

 

Volkmar W e i s s

 

Durch einen Beschluß des Vorstands der Deutschen Arbeitsgemeinschaft genealogischer Verbände, der vom Deutschen Genealogentag in Hannover vorerst wieder ausgesetzt worden ist, sollte der Ahnenlistenumlauf zum Jahresende 2005 eingestellt werden. [1] Der Beschluß war konsequent, denn für die Mehrzahl der Genealogen sind die Umlaufpakete zu teuer und zu unergiebig geworden; die elektronische Post hat die Schneckenpost abgelöst. 1998 hatte sich mit dem Ausscheiden der Deutschen Zentralstelle für Genealogie als ein Träger des Umlaufverfahrens die finale Krise des Ahnenlistenumlaufs angekündigt. Dennoch haben der Ahnenlistenumlauf, die auf ihm aufbauende Ahnenstammkartei des deutschen Volkes (die „Astaka“) und der Verein „Deutsche Ahnengemeinschaft“ die Arbeitsweise der deutschen Genealogie über mehrere Generationen hinweg nachhaltig beeinflußt und viel zu einer eigenständigen Prägung der Genealogie in Mitteleuropa beigetragen. [2] Es ist damit Zeit für einen Rückblick.

 

Karl Förster als Motor des Ahnenlistenumlaufs

Im Februar 1921 erließ der Landgerichtsrat Dr. Karl Förster, wohnhaft in Zwickau/Sachsen, in den von der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig herausgegebenen „Familiengeschichtlichen Blättern“ einen Aufruf zur Gründung eines Forscherbundes, der durch planmäßigen Austausch von Ahnenlisten die Forschung voranbringen und die Listen an sicherer Stelle archivieren will. „Auf den Umfang der Ahnengemeinschaft (d. h. der Verwandtschaft) zwischen Zeit- und Volksgenossen ist oft unter mathematischen Darlegungen hingewiesen worden: es kann niemand ‚seine Ahnen’ für sich haben, muß sie vielmehr mit seiner Mitmenschenmehrheit teilen, die ständig und bis ins Unermeßliche wachsen muß .... . Die praktische Bedeutung dieser Sätze ist bisher nur zufällig hervorgetreten, wenn zwei Ahnenforscher durch Frage und Antwort oder durch Austausch ihrer Ahnentafeln Ahnengemeinschaft untereinander entdeckten. ... Ich habe oft mit Erstaunen wahrgenommen, wie ... doch recht bald einzelne Ahnenlinien zusammenlaufen, und schätze, daß ... wenn das freizügige Bürgertum auf ihren Ahnentafeln vorwiegt, bei deren Vollausbau spätestens 1550 der erste Fall von Verwandtschaft eingetreten sein muß. Bei örtlicher und sozialer Annäherung wird der erste gemeinsame Ahne noch viel früher und leichter gefunden werden.“ [3] Daraus ergab sich für die Teilnehmer des Ahnenlistenaustauschs (ALA): „Nur etwas fortgeschrittene Ahnenforschungen lassen die Teilnahme [4] lohnend erscheinen. ... Als Grundlage der Ahnenliste wird für jeden Ahnen empfohlen die Angabe von Hauptlebensdaten, Stand, Religion, anderen Ehen, Kindern, Bildern, ... , Werken, Lebensberichten, benutzten und bereits bekannten Quellen, auch unter Umständen kritische Würdigung, warum diese und keine andere Person unter der Ahnenziffer erscheint. ... Auf die Bedeutung des Unternehmens auch für die Vererbungslehre, Soziologie, Rassenfrage, Bevölkerungspolitik, Ortsgeschichte u. a. m. sei ausdrücklich hingewiesen.“

Bereits 1922 konnte die Leipziger Zentralstelle melden [5] : „Die Beteiligung am Ahnenlistenaustausch ist eine so erfreulich rege geworden, daß ... künftig die Versendung nach geographischen Gesichtspunkten erfolgen wird.“ Es wurden maschinengeschriebene Arbeiten gefordert, die von nun an in Sammelsendungen als Pakete in den Umlauf geschickt wurden. Wie sehr Försters Elan ausstrahlte, zeigt sich darin, daß sich allein in Zwickau elf weitere Umlaufteilnehmer [6] fanden, die die Pakete untereinander direkt weiterreichten.

Doch schon bald kam der erste Sand ins Getriebe. [7] Chemnitzer Teilnehmern mußte der Ausschluß aus den Umläufen angedroht werden [8] , weil sie die Weitergabenachricht, die als Postkarte den Umläufen beilagen, unterließen. Eine Behaltefrist von sechs Tagen war Höchstfrist. Am 1.1.1923 hatte Förster das Umlauf-Unternehmen in die eigenen Hände genommen, „weil es vollständig verwahrlost war und bei der Zentralstelle Leipzig verendet wäre.“ Die Doppelstücke der Ahnenlisten wurden jedoch nach wie vor bei der Zentralstelle gesammelt, die dazu das „Deutsche Familienarchiv“ errichtete. Die Akten dieser Jahre zeugen von Meinungsverschiedenheiten im Detail zwischen Förster, Wecken und Hohlfeld [9] , die jedoch im Rückblick nach vielen Jahrzehnten kaum noch von inhaltlichem Interesse sind.

In der Inflation schoß Förster selbst bis 8 Billionen Mark vor, um den Umlauf am laufenden zu halten. Ab Ende 1923 wurden beitragsfrei auch die Ahnenlisten berühmter Leute in den Umlauf gegeben. Im Sommer desselben Jahres begann Förster, der inzwischen freiwillige und bezahlte Hilfskräfte beschäftigte, auf Anraten verschiedener Mitglieder mit dem Aufbau der Ahnenstammkartei, auf deren Grundlage von nun ab der Leiter des Umlaufs Auskünfte geben sollte und konnte. Die Einreichung von Teillisten wurde empfohlen. Bis zum 15. 2. 1924 waren 190 Ahnenlisten eingereicht worden.

Von Anfang an war strittig, ob die Teilnehmer die Karteikarten – wie immer wieder einmal und gut begründet vorgeschlagen wurde - für die Stammkartei selbst schreiben und mit einreichen sollten oder die Verkartung der Liste ausschließlich an zentraler Stelle erfolgen sollte. Aus Gründen der Einheitlichkeit setzte Förster die zentrale Verkartung durch, eine folgenschwere Entscheidung, die sich im Laufe der Jahrzehnte als eine immer stärkere Fessel für den Ausbau der Kartei erweisen sollte und schließlich sogar zu ihrer Schließung beitrug.

Im November 1924 wurde Förster als Landesgerichtsdirektor nach Chemnitz versetzt. Er versuchte, die Teilnehmer in verschiedene aktive und passive „Klassen“ einzuteilen und war bestrebt, Anfänger vom Umlauf fernzuhalten. [10] Eine dementsprechende neue Satzung wurde am 5.12.1924 ausgegeben. Wie bei der Deutschen Bücherei in Leipzig und anderen Einrichtungen galt auch für den Ahnenlistenumlauf: „Sein Gebiet ist Alldeutschland. ... Ein Blut verbindet die deutschen Stämme“. [11]

In Chemnitz wurde durch Försters Tatkraft [12] bald eine neue Ausbaustufe erreicht. 1925 betrugen die Jahreseinnahmen 2350 Reichsmark. Mit Johannes Schüppel als ALA-Sekretär nahm am 1. 2. 1925 der erste ständige Mitarbeiter seine Tätigkeit auf. Es ging jedoch nicht reibungslos weiter. Die Zentralstelle für Niedersächsische Familiengeschichte e.V. in Hamburg versuchte, ein eigenes regionales Ahnentafelarchiv mit einer Kartei einzurichten und die Hessische Vereinigung in Darmstadt begann mit einem Spitzenahnenlistenaustausch. In diesem Zusammenhang war es für die weitere Entwicklung besonders wichtig, daß die „Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine“ am 3.9.1925 auf ihrer Tagung in Regensburg dem ALA – gegen verschiedene Widerstände, da seine Vereinseigenschaft umstritten war - als Mitglied aufnahm und durch einstimmig gefaßten Beschluß ein „Schutzrecht“ verlieh, das es Förster in der Folge gestattete, gegen Konkurrenzunternehmen erfolgreich vorzugehen.

Bei diesem Beschluß war man dem von Hohlfeld vorgeschlagenem Wortlaut gefolgt: „Die Arbeitsgemeinschaft gibt dem ALA das alleinige Recht, einen Austausch von Ahnenlisten zu betreiben und eine zu diesem Zwecke eingerichtete Ahnenstammkartei zu unterhalten. Ein Austausch in diesem Sinne liegt vor, wenn der wesentliche Zweck der betreffenden Einrichtung der Ausbau von Ahnentafeln ist.“ [13]

Am 25.11.1925 trat der junge R. Walther Darré [14] dem Ahnenlistenumlauf bei und schrieb an Förster: „Ich möchte meine Bewunderung ... für das Zustandekommen Ihres Wollens und des Werkes, den ALA, aussprechen. Meines Erachtens liegt einer der schöpferischsten Kerne in der ganzen genealogischen Richtung in Ihrem Werk.  – Seit 1900, mit Mendel, dreht sich alles genealogische Denken langsam aber sicher aus dem rein historischen oder sonstwie fachlichen Interesse heraus und gerät ins biologische Fahrwasser. Damit wird eine neue Ära beginnen mit noch gar nicht zu überblickenden Ergebnissen. Die Tierzucht [15] ist diesen Weg schon gegangen; wichtig ist, daß sie ihn aber erst klar und schöpferisch gehen konnte, als die Ahnentafeln einer systematischen Bearbeitung unterworfen wurden. Ein gleiches Ergebnis werden wir, vielleicht allerdings erst in einem Menschenalter, in der Genealogie haben.“

1926 konnte der ALA eine erfolgreiche Zwischenbilanz ziehen (obwohl Förster am Jahresende wieder 400 Reichsmark aus eigener Tasche zuschießen mußte, um die Kasse auszugleichen). „Anfangs zögerte man mit den Beitrittserklärungen. Die Allgemeinheit rechnete wohl den ALA zu den Blüten der familiengeschichtlichen Inflation, die da kommen und vergehen. Erst als man sah, daß dahinter ein ernster, zäher Wille steckte und sich die Erfolge herumsprachen ..., häuften sich die Anmeldungen. ... Ein hartnäckiges Hindernis bildete und bildet der sieghaften Durchdringung ganz Deutschlands mit dem ALA-Gedanken die Vorstellung, man könne sich im Punkte der Ahnengemeinschaft am wirksamsten auf land- oder ortschaftlicher Grundlage austauschen. ... Ich halte kleine Austauschunternehmungen nicht für nutzlos, nur sollten sie nicht ohne Verbindung mit dem Alldeutschland umspannenden ALA sein. ... Mit Stolz und der Bitte um Nachahmung blickt deshalb der ALA auf zwei Tochtergesellschaften. Den mecklenburgischen ALA, der die Listen erst bei seinen Teilnehmern, dann im großen ALA kreisen läßt, und dem hallischen Spitzenahnenlistenaustausch, der nur Listen aufnimmt, die schon im ALA sind, Ich glaube, daß wir mit so geschaffenen Formen, die Nachahmung heischen, zwei Gegensätze glücklich verbunden haben: Die Vereinigung im Mittelpunkte (‚Zentralisation’) und die Selbständigkeit der Glieder (‚Dezentralisation’).“ [16]

Ab 1927 verlagerte sich die Arbeit stärker auf die Erweiterung der Kartei. Die Teilnehmer der Umläufe mußten die Berichtigungen und Ergänzungen ihrer Ahnenlisten nunmehr selbst vornehmen. Um die Unterbilanz auszugleichen, wurden die genealogischen Vereine ersucht, dem Umlauf als körperschaftliche Mitglieder beizutreten, und viele traten bei (auch die Hessen [Darmstadt]). Inzwischen hatte jedoch der Verleger Spohr (Verlag Degener) entdeckt, daß man mit den in der ALA auftretenden Familiennamen vorzügliche Werbung für das von ihm herausgegebene „Familiengeschichtliche Suchblatt“ machen konnte. Bei Förster entstand aber der Eindruck, daß damit gegen die Interessen des ALA eine neue Front eröffnet worden war. Er versuchte, die Interessen des ALA zu wahren, gelangte dabei aber an die Grenzen seiner Arbeitskraft. [17]

In dieser schwierigen Zeit berief er den Privatdozenten Dr. Hermann Mitgau, damals Heidelberg, als Vertreter Süddeutschlands in den Teilnehmerrat des ALA.  „Ich bitte Sie höflichst, nicht nein zu sagen. ...  Sehen Sie bitte, wie sehr ich bestrebt bin, die wissenschaftliche Einstellung des ALA zu betonen in bewußter Frontstellung gegenüber dem Gewerbemäßigen. ... Ich möchte insbesondere ganz besonders zum Ausdruck bringen, wie sehr ich als Leiter des ALA es begrüße, daß von Ihnen zum ersten Male unsre Forschungsschätze zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht werden.“ [18]

Am 1.5.1928 wurde Förster an das Landgericht Dresden versetzt, am Jahresende folgte ihm die Kanzlei des ALA. Trotz widriger Diskussionen wuchs die Zahl der Mitglieder von Jahr zu Jahr, wozu auch gezielte Werbeaktionen beitrugen. In einem Rundschreiben vom 19.2.1928 [19] regte Förster an, da sich die Ahnentafeln der deutschstämmigen Ausländer nur selten mit denen der reichsdeutschen schneiden, daß man im „Reichsausland dem ALA entsprechende Austauschunternehmungen wachruft“. Verbindungen bestanden u. a. bereits nach Außig (Dr. Umlauft), Graz (Arbeitsbund für österreichische Familienkunde), Reval und Riga. Mehrere namhafte Forscher widersprachen Förster in diesem Punkt und setzten sich durch. - Ende 1929 trat der Dresdener Kaufmann Kurt Wensch dem ALA bei.

Am 17.2.1930 ersuchte Förster die Deutsche Akademie in München den ALA unter ihren Schutz nehmen zu wollen. Der Antrag wurde angenommen, und seit dem 13.3. durfte der ALA die Unterbezeichnung „Außenstelle der Deutschen Akademie in Dresden“ führen und erhielt damit Sitz und Stimme im Großen Rat der Deutschen Akademie.

Am 1.7.1930 wurde der ALA in die „Deutsche Ahnengemeinschaft“ (DA), eingetragener Verein, umgewandelt und erhielt eine neue Satzung. Stellvertretender Vorsitzender wurde der Oberstleutnant Conrad Sickel (Dresden). Ende des Jahres hatte der Verein 886 Mitglieder, und 1590 Ahnenlisten waren eingereicht worden. Einer der fünf ständigen Kanzlei-Mitarbeiter war Hanns-Joachim Glißmann (Dresden). Dem Beirat der DA gehörten 1931 an: Prof. Dr. Erich Brandenburg (Leipzig), Dr. Friedrich Bonhoff (Zentralstelle für Niedersächsische Familiengeschichte, Hamburg), Major Otto v. Cossel (für den Deutschen Roland, Berlin), Alexander Fabian (Halle/Saale, für den Ekkehardkreis der Genealogischen Abende), Peter v. Gebhardt (für die Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine), Dr. Johannes Hohlfeld (für die Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig), Kurt Erhard von Marchtaler (Stuttgart, für den Bund deutscher Familienforscher) und Dr. Scheiber (Graz, für Österreich). Mit der Zentralstelle für sudetendeutsche Familienforschung des deutschen Verbandes für Heimatforschung und Heimatbildung in Außig wurde ein Freundschaftsabkommen geschlossen.

Am 23.7.1931 starb Förster. [20] Den Vorsitz der DA übernahm Sickel. Sickel war es auch, der in seiner – leider ungedruckt gebliebenen – Rede am 14.10.1931 das Lebenswerk Försters auf der Gedächtnisfeier des „Roland“ in Dresden in sachkundiger  und einfühlsamer Weise würdigte. Neben der möglichen und schon erkennbaren wissenschaftlichen Bedeutung der Ahnenstammkartei sprach Sickel erstmals die Konfliktlinien an, an denen die Gesellschaft zu zerreißen begann. „Wichtig ist ferner das Einströmen ausländischen Blutes in das deutsche Volk, nach Umfang und Wirkung, vor allem des jüdischen. Hier tauchen auch Probleme der Rassenkunde auf, die ja, im politischen Leben schlagwortartig benutzt, es wert sind, auch wissenschaftlich behandelt zu werden. Allerdings weist unsere Ahnenstammkartei hier eine gewisse Lücke auf. Denn ich muß bemerken, daß in unseren Ahnenlisten, die ja im wesentlichen ein Bild des Werdens des heutigen Mittelstandes geben, ein jüdischer Einschlag ganz selten vorkommt. Das kann wohl als ein Zeichen dafür gedeutet werden, daß das Mischen deutscher Ahnenstämme mit den jüdischen erst in dem letzten Jahrhundert merkbarer geworden ist. Das ist nicht verwunderlich, wenn man an die frühere Stellung der Juden im Staate denkt.“ [21] Durch wissenschaftliche Gutachten der Professoren Brandenburg, Mitgau (Frankfurt/Oder), Adolf Hofmeister (Greifswald), Theodor Dombart (München) und D. Johann Meyer (Göttingen) unterstützt, suchte die DA finanzielle Unterstützung  bei der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaften, aber vergeblich.

Als Ende 1932 die Mitgliederzahl der DA auf 1189 angewachsen war und die Jahreseinnahmen auf 10565 Reichsmark gestiegen waren, deuteten die Vorgänge dieses Jahres darauf hin, daß das Land einer Zeitenwende entgegenging. Prof. Dr. Gerhard Kessler (Leipzig) entwarf, im Anschluß an seinen Vortrag über Wirtschaftsgeschichte und Genealogie [22] , ein „Arbeitsprogramm für die weitere Durchforschung des Materials der DA“, ebenso Prof. Dr. Rainer Fetscher (Dresden) für die biologische Auswertung der Ahnenlisten. Professor Dr. Eugen Fischer (Berlin) äußerte sich über Dr. Freiherrn von Verschuer wohlwollend dazu. Prof. Mitgau war bereit zur Mitarbeit. Kessler war jedoch ein ausgesprochener Gegner der Nationalsozialisten und mußte bald seinen Lehrstuhl aufgeben.

„Schon bald nach Dr. Försters Tode suchte die N.S.D.A.P auf Veranlassung unseres alten Mitgliedes ... Darré Fühlung mit uns.“ [23] Am 2.12.1932 folgte Sickel einer Einladung des „Führerrings“ nach Dresden. Er sprach betont sachlich und schloß – als Zugeständnis an seine Zuhörer -  mit den Worten: „Aber bei aller Bedeutung der Ahnenforschung für die Wissenschaft wird doch für den einzelnen Forscher immer überragend der ethische Wert im Vordergrund stehen. ... Wir sind ein Volk, eine große deutsche Familie, durch Bande des Blutes miteinander verbunden. Und hier haben wir die Bildungsgrundlage für ein neues Deutschland gefunden.“  - Bereits am 4. 1.1932 hatte Darré (München), nunmehr Chef des Rasse- und Siedlungsamtes der SS, angeregt, daß die DA die Ahnentafeln der SS filtern und verkarten solle, aber ohne Kostenersatz. Es handelte sich um rund 25000 Ahnenlisten. Das scheiterte am Umfang und dem Mangel an Mitarbeitern und Mitteln. Beiderseits wurden im September neue Vorschläge gemacht, ohne daß das Vorhaben in Gang kam. [24]

 

Die Deutsche Ahnengemeinschaft im Dritten Reich

Nachdem Adolf Hitler Reichskanzler einer Koalitionsregierung geworden war, waren die Nationalsozialisten bekanntlich bestrebt, ihre Ideologie und ihren Machtanspruch rasch auf alle Bereiche der Gesellschaft auszudehnen und andere Kräfte aus- oder gleichzuschalten. Die genealogischen Vereine machten davon keine Ausnahme. [25]

Bereits am 18.3.1933 kündigte Friedrich Wilhelm (alias Wilfried) Euler [26] im Auftrage des Sachverständigen für Rasseforschung im Reichsministerium des Innern, Dr. Achim Gercke [27] , seinen Besuch in Dresden an. Die erste Besprechung mit dem Vorstand der DA fand am 29.4. statt. Am 5.5. legte Gercke den Entwurf einer Vereinbarung vor, die vorsah, daß die Ahnenstammkartei ohne Entschädigung in die Reichsanstalt für Sippenforschung übernommen werden sollte. Die Mitarbeiter sollten weiterbeschäftigt werden, mindestens eines der Vorstandsmitglieder als Beamter übernommen werden. In der am 7.9. abgeschlossenen Vereinbarung behielt es sich die DA allerdings vor, die Ahnenkartei irgendwann einmal in eine Stiftung umzuwandeln: Vier Mitarbeiter und 11/20 der Einnahmen gehen nach Berlin; ein Mitarbeiter, 9/20 der Einnahmen und die Vereinskanzlei bleiben in Dresden. Gercke tritt in den Gesamtvorstand der DA ein. „Die jetzt eingeleitete Entwicklung hat schon Dr. Förster seit Gründung der D.A. erstrebt.“, teilte der Vorstand den Mitgliedern in einem Rundschreiben mit.

Alle Beamten - und nicht nur sie - mußten ihre „arische Abstammung“ nachweisen, und die „Ahnenforschung“ erlebte eine beispiellose Konjunktur. Am 6.9. konnte in Königsberg der Vorstand der DA auf der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft   ...  berichten [28] : „Die Verkartung der Listen zur Ahnenstammkartei ... konnte besonders deshalb gefördert werden, weil das Sächsische Ministerium für Volksbildung der DA nach und nach 4 Angehörige des freiwilligen Arbeitsdienstes für mehrere Wochen zuwies, die sich zum Teil recht gut einrichteten. ... Seit Monaten nehmen die zuständigen Stellen des Reiches und neuerdings der Sächsische Ministerpräsident lebhaften Anteil an der Arbeit der D.A..“ Auch Euler, als Vertrauensmann Gerckes, arbeitete für einige Monate selbst mit. Insgesamt wurden 1933 bereits zwölf neue Mitarbeiter beschäftigt. Dennoch war der Zuwachs an Anfragen und Neuanmeldungen so groß, daß die Arbeitskapazität nicht ausreichte.

Am 14. 11. 1933 nahm in Berlin unter Leitung von Glißmann die Abteilung Ahnenstammkartei der Reichsanstalt für Sippenforschung in Berlin ihre Arbeit auf. Die 1933 um ein Sechstel gewachsene Kartei wurde in neuen Stahlschränken untergebracht. Im Jahre 1934 schwoll der Arbeitsumfang weiter an, am Jahresende zählte die DA 1432 Mitglieder.  Ihre Arbeit bürokratisiert sich. Im April 1934 wird „zur Überwachung der sippenkundlichen Arbeit in der Abteilung Ahnenstammkartei der Assessor Werner Schmidt-Scharff“ angestellt, d. h. Glißmann wird ihm unterstellt. Schmidt-Scharff stellt einen Arbeitsplan für alle Mitarbeiter auf. „Jeder Mitarbeiter hat über die von ihm geleistete Arbeit Aufzeichnungen zu machen, ebenso über die für die einzelnen Arbeiten verwendete Zeit.“ Arbeiten für den Verein DA im engeren Sinne dürfen nicht mehr ausgeführt werden bzw. müssen gesondert ausgewiesen werden. Die geschriebenen Karten sind „eng aneinandergepreßt in Zentimetern zu messen und die Tagesleistung aufzuschreiben“, nach der ein Teil der Mitarbeiter im Stundenlohn bezahlt wird. [29] Es ist bei dieser stumpfsinnigen Arbeit des Karteikartenschreibens im Akkord wohl stets auf- und niemals abgerundet worden, denn nur so sind die phantastischen Zahlen über die Kartei und die Zahl der in der Kartei angeblich schon damals enthaltenen Ahnenstämme und Personen erklärbar, die – allerdings schon seit Försters Zeiten – der staunenden Öffentlichkeit mitgeteilt wurden, die einer späteren sorgfältigen Nachprüfung [30] jedoch nicht standhielten.

Als im Frühjahr 1935 Gercke vom Amt suspendiert und durch Dr. Kurt Mayer ersetzt wurde, hatte das auf die Arbeit der DA erst einmal keine unmittelbaren Auswirkungen. Die Arbeitsberichte und Arbeitsvorschriften für die hauptamtlichen Mitarbeiter wurden immer unfangreicher, die Mitglieder der DA „fühlen sich getäuscht“ [31] , da sie auf Auskünfte lange warten mußten oder gar keine erhielten. Von Anfang an war es bei der Stammkartei ein Problem, daß zwischen dem subjektiven Arbeitswert einer Ahnenliste und dem objektiven Arbeitsaufwand bei ihrer Verkartung und Filterung eine Diskrepanz bestand, die desto größer wurde, je umfangreicher und wertvoller der Inhalt einer eingereichten Liste war. D. h. die eifrigsten Familiengeschichtsforscher verursachten die größten Folgekosten, erhofften aber die größte Gegenleistung für etwas, was kaum einen Marktwert hatte. Das führte bald dazu, daß gerade die besten Ahnenlisten nicht in die Ahnenstammkartei eingearbeitet wurden. [32] „Von mittleren und großen Listen werden grundsätzlich nur einzelne Ahnenstämme eingearbeitet und zwar stets der Ahnenstamm des Probanden, außerdem der oder die besonders  gewünschten Ahnenstämme.“ [33]

Glißmann legte am 3.4.1935 „Vorschläge zur wissenschaftlichen Auswertung der Ahnenstammkartei“ vor, die sich auf die Vorträge und Vorschläge von Kessler und Mitgau [34] beriefen. Aber Glißmanns Vorschläge waren nur eine inhaltliche Gliederung, keine Einschätzung des Arbeitsaufwands und kein Plan für eine praktikable Methode.

In einem Brief, den Sickel am 16.6.1935 an Mitgau richtete, wird das Dilemma in Berlin deutlich: „Die ‚Reichsstelle für Sippenforschung’ ist bekanntlich Vorläufer und Wegbereiter eines künftigen ‚Sippenamtes’, das in Familienregistern ... die Unterlagen für eine Erbgesundheitspflege sammeln soll. Außerdem soll es die Staatsangehörigkeit in Verbindung mit der Frage der arischen Abstammung prüfen und feststellen können. Damit diese Aufgaben praktisch durchführbar bleiben, wird bei allen Feststellungen im allgemeinen nur bis 1800 zurückgegangen. Bloß die Judenkartei, die Dr. Gercke selbst begründet hat, ist wohl zeitlich nicht begrenzt. ... Die Sammlung der Ahnenlisten der D.A. und ihre Ahnenstammkartei gewinnt ihre Bedeutung erst durch den Ahnenstoff, der vor 1800 liegt. Sie fällt also ... aus dem Rahmen der Dienststelle heraus.“ Schon im Frühjahr 1935 bezweifelte deshalb eine Kommission des Reichsrechnungshofs die Notwendigkeit, daß die Ahnenstammkartei bei der Reichsstelle für Sippenforschung zweckmäßig angesiedelt sei.

Um die Gefahr abzuwenden, daß die DA wieder allein mit der Ahnenstammkartei und ihrer Finanzierung dasteht, bemühte sich Sickel, wissenschaftliche Vorhaben in Gang zu setzen. Mitgau schrieb zu diesem Zwecke in einem Gutachten [35] : „Die Stammkartei ... bietet wertvolles, bereits gesichtetes und geordnetes Material. Dies gibt zwar keine Auskunft für die biologische Vererbungsforschung. ... Dagegen liegt wichtiges Material für die wissenschaftliche Erforschung des sozialen Bevölkerungsaufbaus und seiner Wandlungen vor, das nur darauf wartet, endlich ausgewertet zu werden. Es handelt sich um eine erst einmal örtlich und zeitlich begrenzte Erforschung: der Bodenständigkeit und Abwanderung, der sozialen Inzucht und Heiratsbeziehungen, der Dauer der sozialen Selbstbehauptung einzelner ständischer Schichten und des sozialen ‚Umsatzes’ innerhalb eines Bevölkerungsaufbaues überhaupt, von Gesetzmäßigkeiten in den genealogischen Berufsfolgen und bestimmten bedeutungsvollen Vererbungsvorgängen in Beruf und Besitz wie überhaupt in wirtschaftlich-politischen Positionen, des nur in einigen wenigen Beispielen bisher festgestellten Blutsverwandtschaftsgrades der Einwohnerschaft eines Dorfes oder einer älteren Stadt, der wichtige Voraussetzungen für den Gemeinschaftscharakter einer solchen Siedlung bietet. ... In den Berufs- und Standesbezeichnungen wie den geographischen Herkunftsdaten der Stammkartei liegen zuverlässige Anhaltspunkte für eine solche Forschung vor.“

Nachdem 1935 die Arbeitsleistung der Karteikartenschreiber in Berlin ständig gesunken war, kam es zum Eklat. Am 12.3.1936 wurde Glißmann entlassen, da er mit Wasmannsdorff gegen Mayer konspiriert habe. [36] Die Mitarbeiter müssen Glißmann für ungeeignet erklären. [37] Johannes Junghähnel, der sich als einziger dem nicht anschloß, wird daraufhin ebenfalls entlassen. Ab 1.10.1936 heißt der neue Leiter der Abteilung Ahnenstammkartei Rudolf Kahl, der „seit langem der Meinung war, daß Herr Glißmann von seinem Posten verschwinden müsse“. Als seinen Preis verlangt Mayer, daß vier Mitarbeiter der Abteilung bei anderen Arbeiten der Reichsstelle aushelfen.

Obwohl Förster für die Ordnung der Karteikarten in der Ahnenstammkartei ein phonetisches Alphabet entworfen hatte, das er für gelungen hielt und am liebsten hätte patentierten lassen, entzog sich dieses Alphabet einer exakten rationalen Beschreibung. Die Einordnung der Karten und ihre Filterung auf Ahnengemeinschaften war deshalb stets ein sehr aufwendiger Arbeitsvorgang gewesen, der sehr viel Erfahrung mit der Kartei erfordert hat und mit Anwachsen der Kartei ein weiterer Grund für das Mißverhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis war. Als am 3.9.1936 Oberkirchenrat Themel (Berlin), Mitglied der DA, „durch Indiskretion Abschrift des phonetischen Alphabets“ der Ahnenstammkartei erhielt, wurde ihm eine Veröffentlichung untersagt (obwohl diese die Unzulänglichkeiten offengelegt und vielleicht zu Verbesserungen geführt hätte).

In seinem Brief an Mayer vom 14.4.1936 bemühte sich Sickel, die offensichtlichen Interessengegensätze zu überbrücken [38] , indem „die Spitzenahnen der in der Kartei der Fremdstämmigen bearbeiteten Ahnenkarten doppelt verkartet und auf farbigen (z. B. roten) Karten in die Ahnenstammkartei eingelegt werden. Umgekehrt würden die in der Ahnenstammkartei auftretenden fremdstämmigen Ahnen auf farbigen Karten in die Ahnenstammkartei eingelegt werden.“

Die Chronik des Jahres 1937 der DA weist vielfältige Bemühungen auf, den Verein und die Kartei institutionell anders einzubinden und finanziell auf eine bessere Grundlage zu stellen. Am 2.7.1937 wurde „auf Grund der Zusage des Reichsführers SS, er sei bereit, den Karteiausbau zu unterstützen, der Entwurf zu einer Stiftung ‚Deutsches Ahnenarchiv (Dr. Karl-Förster-Stiftung)’“ an den Regierungsrat Dr. Falk Ruttke im Preußischen Innenministerium geschickt, „in der der Reichsführer SS Protektor und verpflichteter Geldgeber ist. [39] Am 26.11. wurde die Stiftung abgelehnt und dafür eine ‚Vereinbarung’ gleichen Inhalts entworfen. Die Kartei soll danach Abteilung des ‚Deutschen Ahnenerbes’ werden.“ Dieser Entwurf wurde ebenfalls abgelehnt, und die Sache verlief sich im Sande. Der Minister Darré ließ abwinken, ebenso der Ministerialrat Dr. Lösener im Reichministerium des Innern. Bereits am 3.4.1937 hatte Dr. Eydt vom Rassenpolitischen Amt bei der Gauleitung Sachsen der NSDAP bei Abteilungsleiter Kahl in Berlin vorgefühlt, wie man in Berlin über eine mögliche Rückführung der Kartei nach Dresden denken würde. [40]

Geradezu verzweifelt bemühte man sich von Seiten der DA - und stets mit dem Segen von Mayer - in den verschiedensten Richtungen „bei gutunterrichteten Vereinsmitgliedern, bei Ministerien und verschiedenen Parteidienststellen“ um Zusammenarbeit ­- so bei den Landesbauernschaften um die Stammtafeln der Erbhofbauern und dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Genealogie und Demographie in München – aber ohne daß es gelungen wäre, neue Finanzquellen zu erschließen. Kontakte nahm man auch mit dem Nationalsozialistischen Lehrerbund auf. Der Leiter der Abteilung Sippenkunde des NSLB in Bayreuth, Fritz Heinemann, hatte aufgerufen [41] , die Ahnentafeln der Lehrer zu sammeln, dabei aber sollten die Einsender zugleich ihre Ahnenstämme verzetteln [42] , also eine Arbeitsweise anwenden, zu der sich die DA niemals durchringen konnte und wollte. 

Am 27.7.1937 griff man einen Hinweis zur „Mitarbeit im Reichsauschuß für Volksgesundheit“ auf, in dem es hieß: „Für die Durchführung der Auslesemaßnahmen der staatlichen Erb- und Rassenpflege ist es notwendig, Unterlagen für die Vererbung von Begabungen zu sammeln. ... Zwei Aufgaben sind dabei als besonders vordringlich hervorzuheben: 1. Die Feststellung und Bearbeitung der Ahnengemeinschaft berühmter Deutscher. ... 2. Die Aufstellung von Sippentafeln von begabten Sippen, beispielsweise von Ärzten, Rechtswahrern, Musikern, Technikern, Politikern, Offizieren usw.“

Am 11.2.1938 berichtete Kahl an den DA-Vorsitzenden Sickel nach Dresden: „Ich freue mich sehr, Ihnen heute eine außerordentlich erfreuliche Nachricht geben zu können. ... Gestern wurde ganz überraschend der Besuch des Reichsführers SS in der Reichsstelle angemeldet. Mit dem Reichsführer kam der Staatssekretär SS-Oberführer Stuckart aus dem Reichsinnenministerium. Mit den Genannten kam in die Abteilung nur noch Dr.  Mayer und der Adjutant von Himmler, schließlich noch ein Photograph, der den Reichsführer an der Kartei aufgenommen hat. ... Dr. Mayer überließ mir die Erklärung. Es ergab sich, daß der Reichsführer schon ziemlich weitgehend über unsere Tätigkeit unterrichtet war. ... Dr. Mayer warf gelegentlich eine Bemerkung dazwischen, die stets sehr wohlwollend war und unsere Sache im günstigen Licht erscheinen ließ. ... Der Reichsführer fragte nach dem Geldbedarf. ... Auf unserer Wandkarte zeigte er mir seine Ahnenheimat. ... Bemerkenswert war, ... daß die gefährdeten Abteilungen besichtigt wurden, die der Ministerialbürokratie ein besonderer Dorn im Auge sind. Als wir ... nach Hause gingen, hatten wir alle den zuversichtlichen Glauben, daß nun endlich der Bann gebrochen ist.“

Doch nichts geschah, wodurch sich die Lage der Ahnenstammkartei verbessert hätte. Im Gegenteil, nachdem aus Mayers Sicht alle Versuche gescheitert waren, Geld (wir sagen heute Drittmittel) für die Astaka flüssig zu machen, war er fest entschlossen, sich von der Kartei zu trennen und sie, wenn kein anderer Weg mehr übrigblieb, aus seinem Hause hinauszumobben. Schon Ende 1937 waren insgesamt 2352 der eingegangenen Ahnenlisten noch unbearbeitet geblieben, mit ständig wachsender Tendenz. „Der Mangel an Angestellten hat noch einen doppelten Nachteil gehabt: Es sind verhältnismäßig viele kleine Listen bearbeitet und die sehr zeitraubenden, aber meist wertvollen großen Ahnenlisten mußten zurückgestellt werden.“ [43]

Weitgehend unfähig zu einer inneren Reform der Arbeitsweise mit der Kartei, kam der Vorstand der DA in seiner Verzweiflung u. a. [44] auf die Idee [45] , ein Gesuch an den Führer Adolf Hitler über einen seiner Adjutanten zu senden, das bei Hitlers persönlichem Desinteresse [46] an der Sache natürlich zur Stellungnahme bei den Dienststellen landete, die für die DA zusätzliche Geldmittel bereits abgelehnt hatten.

Da es für die behauptete wissenschaftliche Bedeutung der Kartei keinerlei Belegarbeiten gab, schrieb Kahl am 30.9.1938 an Mitgau: „Ich habe deshalb vor einiger Zeit ... vorgeschlagen, daß wir selbst den ersten Schritt tun und die Wissenschaft auf uns aufmerksam machen.“ [47] Die Mitarbeiter an der Kartei machten auch selbst Vorschläge. [48] Egon Weitzel „schlug die Auszählung eines einzigen größeren Abschnitts der Kartei vor, der möglichst als Normalfall ausgewählt werden muß. ... Jede Person soll soziologisch durch eine Signatur gekennzeichnet werden. Dadurch läßt sich die Abhängigkeit der in der Kartei festgestellten Anschlüsse von der sozialen Lage der Ahnen ermitteln.“ Den Beteiligten fehlten aber die notwendigen statistischen Kenntnissen und Erfahrungen, ein Stichprobenverfahren zu verstehen und sachgerecht anzuwenden: „Gegen diesen Vorschlag wandten Sie [Mitgau] zunächst ein, daß von dem für den untersuchten Abschnitt ermittelten Ergebnis keinesfalls auf die ganze Kartei geschlossen werden könne und daß unsere Fragestellung unwissenschaftlich sei, da wir eine Untersuchung an einem rein zufälligen und in sich unzusammenhängenden Abschnitt planten. Sie schlugen uns nun von sich aus vor, eine Untersuchung mit ähnlicher Fragestellung an dem konkreten Beispiel einer Familie durchzuführen.“ Als Weitzel vorschlug, mehrere kleine Stichproben aus der Kartei zu ziehen [49] , bestärkte das Mitgau nur in seinem Vorurteil, daß der wissenschaftliche Wert von Stichproben gering und der Arbeitsaufwand groß sei. Während die Zusammenstellung von vollständigen Familien aus den Kirchenbüchern von Dörfern und Städten bald zu aussagekräftigen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen [50] führte, wurde die Ahnenstammkartei bestenfalls als ein Mittel begriffen, die Lücken bei ab- und zuwandernden Personen zu füllen. [51]

Am 10.1.1939 wurde Sickel mitgeteilt, daß das Ministerium in Berlin die Kündigung der Angestellten bei der Ahnenstammkartei angeordnet habe. Am 5.4.1939 erfolgte der Umzug der Karteiabteilung nach Dresden, zurück in die Kanzlei des Vereins.

Nachdem bereits am 1.9.1939 Kahl zum Heeresdienst einberufen worden war [52] , wurden noch im September alle Pakete des Ahnenlistenumlaufs zurückberufen, und – nachdem man festgestellt hatte, daß ein Drittel der Empfänger nicht mehr „verfügbar“ war – erneut verschickt.

Die Kriegsjahre waren von dem Bemühen gekennzeichnet, die Arbeit des Vereins und den Ausbau der Kartei fortzusetzen, obwohl Schritt für Schritt Einschränkungen notwendig wurden. Am 1.3.1939 war der Oberregierungsrat Dr. Falk Ruttke, geschäftsführender Direktor des Reichsausschusses für Volksgesundheit, Stellvertreter des Vorsitzenden Sickel geworden. Immer wieder einmal erhielt die Kartei hohen Besuch [53] , der versprach, sich für Geld und Zusammenarbeit einzusetzen, so erschien Ende 1940 Friedrich Wilhelm Euler –  ab 31.1.1942 Vorstandsmitglied der DA - im Auftrage des Präsidenten des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschland, und Mitgau machte wie stets große Pläne und Vorschläge, doch es verlief sich alles.  Schon im ersten Kriegswinter war die Kanzlei wegen Kohlenmangel nicht mehr oder nur teilweise beheizbar, am 1.4.1941 wurde ihr Schriftführer, der Sippenforscher Kurt Wensch, seit 1.4.1934 Mitarbeiter der DA (stets mit Arbeitsort Dresden), einberufen. Als im Juli 1943 die zuständige Abteilung des Oberbürgermeisters Dresden die Kanzlei für Wohnzwecke freiräumen wollte, war es Dr. Wecken vom Rassepolitischen Amt, der sich für die DA einsetzte.

Da Dresden nunmehr als durch Luftangriffe bedroht galt, wurde die Ahnenstammkartei am 10.12.1942 in das Schloß Wilsdruff ausgelagert. Anfang des Jahres 1943 erreichte die DA mit 2087 den Höchststand ihrer Mitgliederzahl. Da weniger Ahnenlisten eingingen, wurde der Prozentsatz der verkarteten höher. [54] 1944 wurde der Ahnenlistenumlauf eingestellt, aber der Kanzleibetrieb aufrecht erhalten.

In einem Rückblick [55] faßte der Vorsitzende Conrad Sickel die Erfahrungen der DA im Dritten Reich zusammen: „Mitglied des Vereins konnte jeder werden, der deutsche Ahnen hat oder sucht ohne Rücksicht auf Nationalität und Rasse. Von diesem Grundsatz ist der Verein auch nach 1933 nicht abgegangen. In der Praxis hat der Verein nur ganz wenige Juden und Fremdstämmige als Mitglieder gehabt. Der letzte Jude ist um 1935 freiwillig ausgetreten. Halbjuden  (50%) sind bis zuletzt Mitglied gewesen. Auch Ausländer z. B. mehrere Holländer waren Mitglied. ... Die Reichsstelle [für Sippenforschung] bildete sich immer ausgeprägter zu einer bloßen Prüfstelle für den arischen Nachweis heraus, brauchte also nur Abstammungsnachrichten bis höchstens 1750, während das Material der Kartei überwiegend die älteren Zeiten betrifft. Infolgedessen erlahmte das Interesse der Reichsstelle an der Abteilung Ahnenstammkartei sichtlich. Das zeigte sich besonders in der Angestelltenfrage. Trotz Protestes wurden guteingerichtete Kräfte zu anderen Abteilungen versetzt und dafür oft ungeeignete zugewiesen. ... Alle mündlichen Vorstellungen, Denkschriften und Vorschläge hatten keinen wesentlichen Erfolg. Trotzdem sah die Vereinsleitung immer wieder davon ab, den Vertrag zu kündigen. ... Der Leiter der RSA [Mayer] unterstützte bereitwillig die Werbungen des Vereins um weitere Geldmittel. ... Ferner ist anzuerkennen, daß das RSA niemals in die Arbeit der Abteilung oder ihren Verkehr mit dem Verein oder gar in dessen Tätigkeit irgendwie sich eingemengt oder gar hemmend eingegriffen hätte. Auch hat man niemals Anstoß genommen, daß der Vereinsvorsitzende und andere Mitarbeiter nicht Pg. waren ... Als 1939 das RSA mehr Raum für sich beanspruchte, gab es aus eigenem Antrieb ... die Abteilung Ahnenstammkartei dem Verein nach Dresden in eigene Verwaltung zurück. Da der DA gleichzeitig eine Reichsbeihilfe zur Fortführung ihrer Arbeit zugesichert wurde, ging der Vorstand mit Freuden auf diese Veränderung ein. Für das Jahr 1939/40 wurde dem Verein ein Reichzuschuß von RM 18000,- ... bewilligt. ... Dieser Reichszuschuß reichte aus, um bei planvoller Verwendung der sorgsam ausgewählten und gut ausgebildeten Mitarbeiter den Ausbau der Ahnenstammkartei und die Bearbeitung der Ahnenlisten zu beschleunigen. ... Leider wurde von 1940 ab der Zuschuß auf RM 500, - monatlich beschränkt. Immerhin gelang es, trotz des durch den Kriegseinfluß verringerten Personals, die laufende Arbeit zu bewältigen. ...  Durch den Luftangriff auf Dresden ist die Kanzlei ausgebrannt und damit der gesamte Mitgliederschriftwechsel, viele Hilfskarteien und leider der größte Teil der Ahnenlisten vernichtet.“ 

 


[1] Knapp, Hans-Gottfried: Ahnenlistenumlauf eingestellt. Sedina-Archiv H. 2 (2005), S. 251.

[2] In den Niederlanden z.B. stand die Arbeit an Stammtafeln und Stammlisten im Vordergrund.

[3] Förster, Karl: Ahnenlistenaustausch. Familiengeschichtliche Blätter 19 (1921), Spalte 34-38.

[4] Förster, Karl: Ahnenlistenaustausch (ALA). Familiengeschichtliche Blätter 19 (1921), Spalte 239-242.

[5] Ahnenlistenaustausch. Familiengeschichtliche Blätter 20 (1922), Spalte 158.

[6] 7 Lehrer bzw. Studienräte, 1 Arzt, 2 Pfarrer, 2 Juristen (Förster selbst eingeschlossen). – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 1

[7] Förster am 22. 10. 1923: „Übermäßiges Behalten der Umläufe, Vermischen von Umläufen, Verlorengehenlassen von Listen usw., Vorkommnisse, die mir immer wieder qualvolle Schreibereien aufzwingen.“ – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 1

[8] Walter Böhme, Obmann für den ALA in Chemnitz, 11. Okt. 1924.  – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 1

[9] Weiss, Volkmar: Johannes Hohlfeld (1888-1950). In: Wiemers, Gerald (Hrsg.): Sächsische Lebensbilder 5. Leipzig: Verlag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig 2003, S. 247-270 (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 22). - http://www.v-weiss.de/hohlfleb.html

[10] „Sie schädigen den Umlauf.“ – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 1

[11] Förster, Karl: Der Ahnenlistenaustausch (ALA). Manuskript (1924). – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 1

[12] Försters Tatkraft stieß aber an ihre Grenzen. Am 15.3.1925 schrieb sein Vetter Walter Böhme an ihn: „Du darfst als Staatsbeamter kein Geld verdienen, gut, dann verdienst Du es unter anderem Namen. Ein Strohmann wird eingesetzt und Du betreibst die Sache geschäftlich. ...  Vor allen Dingen mußt Du einmal an Deine Gesundheit denken, das ist Nummer 1. ... Du wirst ein gänzlich verbitterter und kranker Mann, der Du schon bist, denn alle Leute, die Dich sehen, erschrecken über Dein Aussehen ... . Du mußt in allererster Linie an Deine Frau und Deine Kinder denken, denen der Vater ... erhalten werden muß.“ Und Förster mußte in seiner Antwort am 20.3. bestätigen: „Ich habe Dir auch so oft gesagt, daß ich, durch meine unglückselige Versetzung nach Chemnitz aller meiner Hilfen beraubt, hier einen Verzweiflungskampf mit der Riesenlast der, gerade durch die Ortsveränderung noch stark erhöhten Arbeitslast kämpfe.“ – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 1

[13] Bericht über die außerordentliche Vertreterversammlung der Arbeitsgemeinschaft vom 24. 4. 1926. -  StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 2

[14] Vgl.: Weiss, Volkmar: Die Vorgeschichte des arischen Ahnenpasses. Genealogie 50. Jg. (2001), S. 417-436, 497-507 und 615-627. - http://www.v-weiss.de/publ7-pass.html

[15] Die Tierzucht hat in der Art und Weise ihrer genealogischen Dokumentationen und auch im Vereinswesen seit dem 19. Jahrhundert in jedem Jahrzehnt eine augenfällige, bisher noch niemals näher untersuchte, Parallelentwicklung mit der Menschen-Genealogie erfahren. Vgl.: Comberg, Gustav: Die deutsche Tierzucht im 19. und 20. Jahrhundert. Stuttgart: Ulmer 1984.

[16] Förster, Karl: Der Ahnenlistenaustausch. Familiengeschichtliche Blätter 24 (1926), Spalte 39-42.

[17] Förster in einem Brief an Hänel am 9.11.1927: „Ich bin zu dem Entschluß gekommen, die Leitung des ALA abzugeben, weil sie über meine Kräfte geht.“ - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 2

[18] Förster am 18.11.1927. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 2

[19] StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 18

[20] Hohlfeld, Johannes: In memoriam Dr. Karl Förster: Familiengeschichtliche Blätter 29 (1931), Spalte 209-212.

[21] StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 3

[22] Kessler, Gerhard: Genealogie und Wirtschaftsgeschichte. Leipzig: Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte 1932 (= Flugschriften für Familiengeschichte 21).

[23] Conrad Sickel, Manuskript „Stand und Aufgaben der DA in der Gegenwart“, Vortrag gehalten im Verein Roland in Dresden am 27.3.1935. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 4

[24] Begründung der Vereinbarung über die Ahnenstammkartei mit dem Reichsführer SS (undatiert, Ende 1937): „Ehe die Unterhandlungen abgeschlossen waren, kam Anfang 1933 das Angebot von ... Gercke.“ - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 5

[25] Weiss, Volkmar: Der genealogische Verein „Roland“ in Dresden von 1933 bis 1945. Genealogie 53. Jg. (2004), S. 65-81 und 143-159. - http://www.v-weiss.de/roland.html

[26] DA-Mitgliedsnummer 1387, eingetreten am 15.7.1932. – Siehe auch: Schulle, Diana: Das Reichssippenamt. Eine Institution nationalsozialistischer Rassenpolitik. Berlin: Logos 2001.

[27] DA-Mitgliedsnummer 1329, eingetreten am 24.2.1932.

[28] Den Vorstand der DA vertrat Karl Fahrenhorst, der -  zugleich als Vertreter von Gercke – auf dieser Tagung in Königsberg zum „Führer der Arbeitsgemeinschaft“ gewählt wurde. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 3

[29] Schmidt-Scharff, Berlin 8.12.1934, Verwaltungsplan für die Ahnenstammkartei .  - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 4

[30] Hammer, Ingrid und Volkmar Weiss: Die Sammlung Ahnenlisten in der Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig. Genealogie 42. Jg. (1993), S. 490-499.

[31] Conrad Sickel am 19.5.1935, „Zur Lage der D.A. und Ahnenstammkartei“, Entwurf. – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 4

[32] Mündliche Bemerkung von Kurt Wensch gegenüber Volkmar Weiss.

[33] Arbeitspapier vom 29.2.1936: „Zur Beschleunigung der Listenbearbeitung usw.“ - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 5

[34] Mitgau, Hermann: Familienforschung und Sozialwissenschaft. Leipzig: Degener 1931 (= Sonderveröffentlichung der ostfälischen familienkundlichen Kommission 6).

[35] Mitgau, Hermann, Cottbus, am 18.11.1935. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 4

[36] Erich Wentscher (Görlitz) am 18.3.1936 an Sickel: „Ich persönlich, der ich sowohl Wasmansdorff wie Herrn Glißmann sehr genau kenne, bin überzeugt davon, daß starke Übertreibungen und auch mancherlei persönliche Hetzerei dabei im Spiele sind.“ - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 5

[37] Eine Anna v. Alvensleben z. B. erklärte am 13.3.1936: „Gearbeitet hat Herr Glißmann seit langer Zeit fast nichts mehr. ... Es konnten ihn Kleinigkeiten bis fast zur sinnlosen Wut reizen.“ - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 4

[38] Anlage an den Brief: „Verwertung der Ahnenstammkartei für die Reichsstelle für Sippenforschung“. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 5

[39] Sickel, Entwurf, undatiert, nicht abgesandt, an die Mitglieder des Beirats: „Der Reichsführer SS hat sich bereit erklärt, durch jährliche große Geldzuwendungen einen schnelleren Ausbau der Ahnenkartei sicher zu stellen.“ -  StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 5

[40] Aktennotiz von Kahl vom 10.4.1937. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 5

[41] Heinemann, Fritz: Ahnentafel der deutschen Erzieherschaft. Nationalsozialistische Erziehung – Kampf- und Mitteilungsblatt des Nationalsozialistischen Lehrerbundes Gau Berlin. 6. Jg. (1937), Nr. 25. – Die sehr umfangreiche Ahnentafelsammlung des NSLB in Bayreuth ist 1945 vollständig vernichtet worden..

[42] Die Arbeitsweise wurde in der „Reichszeitung“ des NSLB, H. 2, S. 38, beschrieben.

[43] Man sollte deshalb davon ausgehen, daß mindestens die Hälfte der vor 1945 eingereichten Daten in den Ahnenlisten niemals in die Kartei eingearbeitet worden und damit im Kriege verloren gegangen sind.

[44] Sickel z. B. am 24.5.1938 an Darré: „In dieser Not bitte ich Sie Herr Minister, als unser Mitglied, retten Sie die Ahnenstammkartei vor Erstickung in bürokratischer Enge.“ An Himmler geht am selben Tag eine Abschrift des Briefes an Darré und ein Zusatzschreiben: „Seit Ihrem Besuche hat sich die Lage noch verschlimmert. Es fehlt jetzt nicht bloß an Arbeitskräften und Platz, sondern die Verlegung ins Dachgeschoß hat die wertvolle Sammlung sogar in Feuersgefahr gebracht.“ – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 6

[45] „Am 1. Mai findet ein Kameradschaftsabend im Narrenhäusel in Dresden statt.“, liest man in  der Chronik für 1937. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 6

[46] „Von Familiengeschichte habe ich gar keine Ahnung. Auf dem Gebiete bin ich der Allerbeschränkteste. Ich habe auch früher nicht gewußt, daß ich Verwandte habe. Erst seit ich Reichskanzler bin, habe ich das erfahren. Ich bin ein vollkommen unfamiliäres Wesen, ein unsippisch veranlagtes Wesen. ... Ich finde das Ganze uninteressant, belanglos. Ich hatte einen Mann in der Partei, er hat mir ein paar Mal das vortragen wollen, was er in langem Studium über die Geschichte seiner Familie in Erfahrung gebracht hat. Ich sagte ihm: Pfeffer, das interessiert mich nicht. ...  Vorfahren hat garantiert jeder gehabt. Es gibt keinen, der lebt und keine Vorfahren gehabt hat. Es ist immer nur ein Zufall, beim einen sind die Bücher verbrannt, beim anderen hat man sie. Es gibt Leute, die vier Fünftel ihrer Zeit daran verwenden. Andere verwenden die gleiche Zeit auf die Zukunft der Nachkommen.“ Aus: Adolf Hitler, Monologe im Führerhauptquartier 1941-1945. Aufgezeichnet von Heinrich Heim. Hamburg: Albrecht Knaus 1980, S. 101f.

[47] Kahl, Rudolf: Die Ahnenstammkartei des deutschen Volkes als eine Grundlage der deutschen Volksforschung. Dresden: Deutsche Ahnengemeinschaft 1939. – Diese magere „Denkschrift“ wurde am 26.1.1939 an „67 Professoren und Wissenschaftler und an 14 Ministerialstellen geschickt.“ Die meisten antworteten gar nicht. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 7

[48] Kahl am 26.2.1938 an Mitgau. -  StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 6

[49] Am 8.11.1939 legte Weitzel eine Auszählung von 1/45 der Ahnenstammkartei vor und kam dabei hochgerechnet auf rund 370000 verschiedene Ahnenpersonen aus 6600 beteiligten Ahnenlisten. Das hinderte Mitgau nicht, am 4.7.1940 im „Korrespondenzblatt für Rassenforschung und Familienkunde“, Nr. 108, von 1,5 Millionen verkarteten Ahnen zu schreiben. – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 7

[50] Bearbeitete Fragen und Methoden bei der wissenschaftlichen Auswertung von Ortsfamilienbüchern und ihren Vorstufen. In: Weiss, Volkmar und Katja Münchow: Ortsfamilienbücher mit Standort Leipzig in Deutscher Bücherei und Deutscher Zentralstelle für Genealogie. 2. Aufl. Neustadt/Aisch: Degener 1998, S. 74-196. – http://www.v-weiss.de/publ4.html

[51] Haag, Friedrich Eberhard: Der Beitrag der Einzelforschung zur sippenmäßigen Bestandsaufnahme des deutschen Volkes. Archiv für Bevölkerungswissenschaft und Bevölkerungspolitik 8 (1938), S. 335 –344.

[52] Kahl ist am 14.8.1941 in Rußland gefallen. 1942 sind 14 Mitglieder der DA gefallen. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 7

[53] Am 23.2.1939 hatte auch Dr. Hans Rechenberg die Kartei in Berlin besucht. Er war von Darré zur Berichterstattung beauftragt worden. – StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 7.  - Vgl. auch: Weiss, Volkmar: Die Auseinandersetzungen zwischen Reichsnährstand und Reichssippenamt um die Kirchenbuchverkartung. Ein Beitrag zur Geschichte der Genealogie in der Zeit des Nationalsozialismus. Genealogie 49. Jg. (2000), S. 1-17. - http://www.v-weiss.de/reichsnaehr.html

[54] Am 25.2.1943 wurde Ruth Hoevel, seit 1.7.1939 als Listenbearbeiterin bei der DA,  als Wehrmachtshelferin einberufen.  -  StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 24

[55] Datiert Gartow, 12.10.1947. - StA-L, DZfG, 21940 DA, Nr. 25

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